„Richtig Gutes auf Platte gezaubert“: HSG begeistert im Konstanzer Hexenkessel und schlägt Tabellenzweiten Hüttenberg

19.02.2017 11:35
Freitagabend, mehr als 1300 frenetische HSG-Fans im stimmungsvollen Hexenkessel „Schänzle-Hölle“ und wieder einer dieser magischen Abende, an denen hier ein großer Favorit stolperte. Mit dem 27:23 (12:9)-Sieg gegen den Tabellenzweiten TV Hüttenberg konnte Konstanz mit den Punkten 19 und 20 einen Platz auf Rang elf gutmachen und hat nun wieder sechs Zähler Vorsprung auf die vier Abstiegsränge. Es war früh, schon in der 54. Spielminute, als es keinen der begeisterten Zuschauer mehr auf den Sitzen hielt. Fast sechs Minuten lang wurde Konstanz – wie bereits von der ersten Minute an – lautstark und enthusiastisch nach vorne getrieben. Damit bewiesen die Konstanzer Anhänger wieder einmal ein gutes Gespür, als die Sieben-Tore-Führung (21:14) nach 45 Minuten noch einmal zusammenschmolz und die junge Mannschaft der Gastgeber dringend die Unterstützung benötigte. Mit drei Treffern in Folge zum 23:24 (58.) machten die Mittelhessen die Partie noch einmal richtig spannend. Als dann aber Kapitän Fabian Schlaich, der dieses Mal vierfache Torschütze Tim Jud und der nach gerade so überstandener Grippe wieder aufgelaufene Mathias Riedel mit einem Wurf über das ganze Feld in das leere Hüttenberger Tor den Endstand zum hochverdienten 27:23-Sieg markierten, brachen endgültig alle Dämme. Nach dem hammerharten Auftaktprogramm ausnahmslos gegen die Topteams der Liga und großen Verletzungssorgen war die Erleichterung förmlich greifbar. Die Ersatzspieler auf der Bank stürmten auf das Feld und lagen sich mit ihren Mitspielern minutenlang in den Armen, während die stehenden Ovationen für eine bärenstarke, furiose Vorstellung von der Tribüne gar nicht mehr endeten wollten. „Wir sind heute alle überglücklich und zufrieden“, strahlte Andre Melchert, Sportlicher Leiter und Co-Trainer der HSG Konstanz. „Wir wussten, dass wir gegen eine extrem starke 3:2:1-Deckung spielen und es daher im Angriff schwer wird. Um mitzuhalten, mussten wir selbst eine sehr gute Deckung hinstellen – und das haben wir grandios hinbekommen.“ Und dann waren da ja auch noch allen voran die beiden Ex-Hüttenberger Konstantin Poltrum und Paul Kaletsch. Der ehemalige Jugend- und Junioren-Nationaltorwart war es, der zusammen mit einer im Vergleich zu den letzten Spielen wieder deutlich verbesserten Konstanzer Abwehrreihe hinten regelrecht Beton anrührte. 20 Paraden und knapp 48 Prozent abgewehrte Würfe standen am Ende in seinen Statistiken – eine phänomenale Leistung und mit Abstand Spieltags-Bestwert in der 2. Handball-Bundesliga. Egal, ob aus dem Rückraum, von außen oder gar zweimal vom Siebenmeterstrich, fast immer hieß der Sieger Poltrum, der seinen Mitspielern so zusätzlich Sicherheit geben konnte. „In den letzten Spielen hat nach meiner verletzungsbedingten Trainingspause noch etwas das Zusammenspiel zwischen Abwehr und Torhüter gefehlt, das sind wir nicht so gut hineingekommen“, verriet der talentierte Schlussmann, „heute hat man gesehen, dass das wunderbar funktionieren kann. Unfassbar, dass wir hier zwei solch wichtige Punkte einfahren konnten.“ Vorne stand ihm mit Paul Kaletsch ein weiterer ehemaliger Akteur des Ex-Erstligisten in nichts nach. Treffsicher, dynamisch und am Ende mit sieben Toren bester Torschütze der Partie, war Kaletsch einer der Motoren im HSG-Angriff, die fast immer die richtigen Antworten auf die Versuche des TVH hatten, das Offensivspiel der Hausherren früh zu stören. Meist erfolglos, denn bis auf die 3:1-Führung des TV Hüttenberg nach knapp neun Minuten war es Konstanz, das nach einer Viertelstunde stets vorlegte und durch zwei krachende Rückraumwürfe von Felix Gäßler bald auf drei Tore ausbaute (16.). „Ein geiles Match und unglaublich, wenn hier alle für dich stehen“, entfuhr es auch dem gut aufgelegten Tim Jud hinterher zu dem Spiel, das sich nun entwickelte. „Natürlich war die Abwehr- und Torhüterleistung heute der Grundstein, dazu kam, dass wir wieder viel geduldiger als zuletzt im Angriff gespielt haben.“ Im dritten Spiel nach der WM-Pause startete die HSG im Duell der beiden Aufsteiger vor allem nach der Halbzeit richtig durch und zog unwiderstehlich innerhalb von nicht einmal fünfeinhalb Minuten von 14:12 auf 19:12 davon (40.). Simon Flockerzie sah den Schlüssel zum Erfolg in der Abwehr, monierte aber die Fehler in der Schwächephase gegen Ende der Partie. „Wir haben dem Gegner schon früh Angst mit unserer Abwehr machen und ihnen den Schneid abkaufen können, dadurch musste sich Hüttenberg neue Dinge überlegen. Wenn wir in der ersten Halbzeit nicht schon einige technische Fehler zu viel machen, können wir bereits hier eine kleine Vorentscheidung herbeiführen. Dass es so dann nochmal eng wird, war klar, dazu hat Hüttenberg immer die Qualität.“ Nervenstark und mit lautstarker Unterstützung von den Rängen konnte aber auch das letzte Aufbäumen der Mittelhessen überstanden werden, ehe ein kollektiver Rauschzustand ausbrach. „Die Zuschauer haben uns heute enorm geholfen und haben ein paar Extrakörner bei jedem Einzelnen freigesetzt“, atmete Andre Melchert auf, „denn die Punkte heute waren verdammt wichtig – gerade, wenn man ausschließlich gegen die Topmannschaften spielen muss. Diese Bonusunkte sind Gold wert, darauf kann man aufbauen, auch wenn wir das einzuordnen wissen und auch bei einem Misserfolg ruhig geblieben wären.“ Tim Jud sah im etwas überraschenden Erfolg weiteren Auftrieb für die kommende Aufgaben und einen Schub für die Sonntagspartie: „Für die Moral war das sehr gut, auch im Hinblick auf unser Spiel in Bietigheim.“ Für Mittelmann Matthias Stocker war dies vor dem Duell gegen seinen Rietheimer Kumpel Robin Haller genau die richtige Reaktion auf die letzten Niederlagen. „Wir haben miteinander gesprochen, uns eingeschworen und etwas richtig Gutes auf die Platte gezaubert. Dazu kam eine super Stimmung von Anfang an, weil alle gemerkt haben, dass wir gewillt sind, hier alles reinzulegen. Ein super Gefühl, dass wir so sehr auf diese Unterstützung zählen können.“ Am Sonntag, 17 Uhr, steht der HSG Konstanz nun noch einmal mit dem Tabellenvierten SG BBM Bietigheim eine echte Herkulesaufgabe bevor. Ohne Druck, aber mit an die 50 Fans im Rücken ist die Zuversicht, auch dem nächsten Spitzenteam wie schon im Hinspiel (27:29) Paroli bieten zu können, nun groß. HSG Konstanz – TV Hüttenberg 27:23 (12:9) HSG Konstanz: Konstantin Poltrum (20 Paraden), Patrick Glatt (Tor); Fabian Schlaich (2), Benjamin Schweda, Gregor Thomann (4/3), Mathias Riedel (4), Simon Flockerzie (3), Matthias Stocker (1), Michael Oehler, Paul Kaletsch (7/2), Felix Krüger, Fabian Maier-Hasselmann (1), Felix Gäßler (2), Tim Jud (4). Trainer: Daniel Eblen TV Hüttenberg: Matthias Ritschel (8 Paraden), Fabian Schomburg (6 Paraden) (Tor); Tim Stefan (4), Tomas Sklenak (2), Jan Wörner (1), Moritz Lambrecht (1), daniel Wernig (6/1), Christian Rompf (4), Moritz Zörb, Mario Fernandes, Ragnar Johannsson, Sebastian Roth (1), Dominik Mappes (4/1), Janik Hofmann. Trainer: Aðalsteinn Eyjólfsson Zuschauer: 1300. Schiedsrichter: Frankholz/Frankholz Strafminuten (min): 8 Min. (Flockerzie (34.), Riedel (45.), Schlaich (46.), Kaletsch (49.)) – 12 Min. (Wörner (15., 50.), Lambrecht (26., 41.), Rompf (36., 58.)) Siebenmeter (T/V): 6/5 (Thomann scheitert an Schomburg, 34.) – 4/2 (Wernig und Mappes scheitern an Poltrum, 3. und 14.) Quelle: PM HSG Konstanz

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