Schwacher THW kassiert Pleite

30.03.2011 8:46
Der THW Kiel hat am Dienstagabend einen erheblichen Rückschlag im Kampf um die deutsche Meisterschaft erlitten. Gegen Altmeister TV Großwallstadt kassierten die "Zebras" sensationell eine 25:28 (12:12)-Heimniederlage - die erste Bundesligapleite in der Sparkassen-Arena-Kiel nach 1.239 Tagen. Matchwinner für die Franken war ausgerechnet der langjährige Kieler Keeper Mattias Andersson, der insgesamt 19 Würfe entschärfen konnte. Beim THW Kiel erreichte nur der unermüdliche, achtmal erfolgreiche Christian Zeitz Normalform. Und der Abend war für den THW Kiel gleich doppelt bitter: Rechtsaußen Christian Sprenger verletzte sich in der 34. Spielminute nach einem Abpraller beim Kampf um den Ball ohne Fremdeinwirkung am Knie. Darüber, wie schwer seine Verletzung ist, soll eine Untersuchung am Mittwoch Aufschluss geben. Auf eine Überraschung deutete vor der Partie rein gar nichts hin: Der THW Kiel feierte zuletzt 14 fast ausschließlich deutliche und zumeist überzeugende Erfolge am Stück, hat zudem seit Samstag wieder seinen gesamten Kader beisammen. Auf der anderen Seite der TV Großwallstadt, die bislang "graueste Maus der Liga", die gegen keins der Spitzenteams bislang punkten konnte und ihr Hauptaugenmerk dank eines Platzes im Niemandsland der Tabelle längst auf den EHF-Pokal gelegt zu haben schien. Da Gästetrainer Peter David nach einer langen Anreise per Bus zudem auf die beiden verletzten etatmäßigen Spielmacher Oliver Köhrmann und Philipp Reuter verzichten musste, schien es für die Fans des THW Kiel keinerlei Zweifel an einem doppelten Punktgewinn zu geben. Alfred Gislason, der aufgrund der "Qual der Wahl" Jerome Fernandez und auch Dominik Klein nicht nominierte, gönnte seinen "Vielspielern" der letzten Wochen zunächst eine Pause. Während also Kapitän Marcus Ahlm, Weltmeister Thierry Omeyer und Welthandballer Filip Jicha auf der Bank Platz nahmen, legten die Gastgeber standesgemäß los: Nach weitem Pass Palickas vollstreckte Lundström per Gegenstoß zum 1:0, der in der Anfangsphase bärenstarke Spielmacher Aron Palmarsson legte mit zwei Geschossen in den Winkel zum 3:0 nach. Doch die Gäste, bei denen sich der Rückraum fast von allein aufstellte, fanden bald in die Partie. Mit Csaba Szücs auf der Spielmacherposition und den spielfreudigen Halben Stefan Kneer und Steffen Weinhold spielte der TV Großwallstadt seine Angriffe in aller Ruhe aus. Immer wieder wurde der schwedische Kreisläufer Joakim Larsson gesucht und gefunden, so dass die etwas schläfrig wirkende 6:0-Abwehr des THW in der Folgezeit immer wieder geknackt werden konnte. Und die "Zebras"? Diese hatten zunächst - in Person von Tobias Reichmann und besonders Momir Ilic, der in den ersten zehn Spielminuten gleich dreimal das Gebälk traf - Wurfpech, ehe sie langsam aber sicher ein wenig den Faden verloren gegen eine kompakt stehende Großwallstädter Deckung. So gelang Larsson nach schönem Anspiel Kneers der Anschluss zum 4:5, und nachdem Dragicevic eine falsche Sperre setzte und im nächsten Angriff ein Zeitz-Anspiel nicht unter Kontrolle bekam, gingen die Gäste durch einen Weinhold-Hammer und einen von Michael Spatz abgeschlossenen Gegenstoß gar mit 6:5 (11.) in Führung. Nun wurde auch Ex-"Zebra" Mattias Andersson, der sieben Jahre lang bis 2008 beim THW Kiel unter Vertrag stand, zum Faktor: Reihenweise entschärfte der Schwede an seinem 33. Geburtstag nun beste Chancen des THW von Palmarsson, Dragicevic und sogar einen Strafwurf Jichas. Zwar konnten die Kieler dennoch noch einmal in Führung gehen, als auch Palicka zwei Paraden zeigte und Christian Zeitz in Überzahl zum 8:7 vollstreckte. Doch der TVG hatte längst Lunte gerochen, legte durch Szücs und Schäpsmeier wieder vor. Alfred Gislason nahm in der 21. Spielminute seine Auszeit, beorderte nach Jicha nun auch Ahlm, Narcisse und wenig später auch Omeyer und Sprenger aufs Parkett, doch der gewohnte Spielfluss wollte sich auch weiterhin nicht so recht einstellen. Immerhin: Durch Einzelleistungen von Palmarsson und Zeitz konnte der THW bis zum Pausenpfiff zumindest zum 12:12 ausgleichen. Die Zuschauer in der Sparkassen-Arena-Kiel waren sich sicher: Nach Wiederanpfiff würde alles endlich seinen gewohnten Gang nehmen. Die Leistungsträger der vergangenen Wochen und Monate standen geschlossen auf der Platte, zudem wurde mit der für die Gegner ungemütlichen 3:2:1-Abwehr ein weiterer Erfolgsfaktor installiert. Was sollte nun also noch schiefgehen? Die Antwort: Eine ganze Menge. Denn der TV Großwallstadt zeigte sich unbeeindruckt von der offensiven Deckung des THW, spielte weiterhin geduldig seine Angriffe aus und hatte im immer stärker werdenden Mattias Andersson die entscheidende Trumpfkarte parat. Denn während der Schwede die ersten Würfe von Zeitz, Lundström und Jicha entschärfte, legte der TVG durch Larsson, Szücs und den aufdrehenden Steffen Weinhold einen Blitzstart zum 15:12 hin. Das Kieler Publikum schien einen Moment lang geschockt, und dieser Zustand verhärtete sich noch, als Christian Sprenger gestützt zur Bank humpelte. Doch die "Zebras" demonstrierten den Willen zu kämpfen, was auch das Publikum honorierte und seine Mannschaft fortan nach vorne peitschte. Indes: Es wollte sowohl vorne als auch hinten trotz Kämpfermoral einfach nicht viel gelingen. Immer wieder trumpfte Linkshänder Steffen Weinhold, der Mitte der zweiten Halbzeit sogar auf die Spielmacherposition wechselte, auf, so dass der TV Großwallstadt weiter vorne blieb. Und immer, wenn der THW, bei dem der bärenstarke Christian Zeitz sich gegen die drohende Niederlage stemmte und seine Mannschaft mit purem Siegeswillen im Spiel hielt, die Chance auf den Ausgleich hatte, blitzte das Können von Mattias Andersson wieder auf. Nachdem Daniel Kubes nach einem harten Eingreifen gegen Moritz Schäpsmeier von den nicht immer souverän pfeifenden Schiedsrichtern Geipel/Helbig direkt in die Kabine geschickt wurde, zogen die Gäste durch Kunz gar auf 24:20 (52.) davon. Der THW Kiel und auch die Fans bäumten sich noch einmal auf. Daniel Narcisse deckte jetzt vorgezogen gegen Weinhold, der Spielfluss des TVG geriet zumindest ein wenig ins Stocken. Christian Zeitz versenkte einen Gegenstoß mit 100 Stundenkilometern zum 21:24, und nachdem die Gäste erneut einen Ball vertendelten, netzte Narcisse einen weiten Omeyer-Pass ein, indem er den Ball im Sprung annahm und direkt verwertete - das Tor des Tages und das endgültige Zeichen, dass die "Zebras" das Spiel noch lange nicht abgehakt hatten. Momir Ilic behielt vom Siebenmeterpunkt nun zweimal die Nerven, drei Minuten vor Schluss waren die Kieler damit wieder auf 24:25 herangekommen und nach einer Zeitstrafe gegen Kunz sogar in Überzahl. Es wurde dramatisch: Michael Spatz traf aus spitzestem Winkel zum 26:24 für den TVG, Mattias Andersson parierte mit einem unglaublichen Reflex gegen Marcus Ahlm, doch der zuvor glücklose Reichmann überwand im Gegenstoß endlich sein Trauma und verkürzte auf 25:26. 92 Sekunden vor Schluss nahm Peter David seine Auszeit, wenig später wurde erneut Michael Spatz freigespielt, der mit seinem sechsten Treffer auf 27:25 erhöhte. Dem THW blieben keine sechzig Sekunden mehr, und nachdem eine falsche Sperre am Kreis abgepfiffen wurde, war der Sensationssieg Großwallstadts endgültig perfekt. Für den THW Kiel ist damit die Meisterschaft in weite Ferne gerückt. Sechs Punkte Rückstand haben die "Zebras" nun auf Tabellenführer HSV Hamburg und müssen damit jetzt auf mindestens zwei Patzer der Hanseaten hoffen. Wichtiger aber ist, dass die Kieler zu ihrer Form zurückfinden. Denn in so einer Verfassung wie am Dienstag wird auch das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League am Samstag gegen KIF Kolding alles andere als ein Selbstläufer. Stimmen zum Spiel: TVG-Trainer Peter David: Das ist wirklich schwer in Worte zu fassen. Wir haben natürlich klar gewusst, wer hier der Favorit ist. Wir hatten am Samstag in Frankreich eine wirklich gute Leistung abgerufen und wollten uns in Kiel ein wenig Selbstvertrauen für das Rückspiel holen. Wir hatten uns einfach vorgenommen, die Kieler so lange wie möglich zu ärgern, in der Hoffnung, dass sie dann vielleicht irgendwann etwas nervös werden. Das war natürlich heute auch ein Tag, an dem alles passte. Ich hatte Mattias Andersson heute morgen zum Geburtstag gratuliert und ihm ein sehr gutes Spiel gewünscht. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass er der Matchwinner war. Aber es war eine geschlossene Teamleistung, wir haben als Mannschaft gekämpft und alle Dinge super umgesetzt. Nach zuletzt zwei knappen Niederlagen haben wir uns diesen Sieg auch verdient. Wir sind überglücklich. THW-Trainer Alfred Gislason: Es war ein verdienter Sieg für Großwallstadt mit einer sehr guten, konzentrierten Abwehr und einem überragenden Mattias Andersson dahinter. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass bei uns einfach nicht viel gepasst hat heute. Die Abwehr stand von Anfang an nicht gut, und auch vorne haben wir viel zu viele Fehlwürfe gemacht. Aber insgesamt waren wir nie in unserem Spielfluss, haben ungewöhnlich viele Fehler gemacht. Wir haben einfach schlecht gespielt, hinten wie vorne. TVG-Manager Uli Wolf: Die Mannschaft wollte sich für unsere Europapokalbegegnung am Sonntag rüsten. Das ist ihr gelungen, das Selbstvertrauen haben wir uns geholt. Man gewinnt nicht alle Tage in Kiel. Das ist wirklich ein schöner Tag, die Jungs werden eine schöne Rückfahrt haben. Aber das war jetzt die Bundesliga, und wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, am Sonntag unsere Leistung abzurufen, um ins EHF-Pokal-Halbfinale zu kommen. Das müssen wir den Jungs klarmachen, aber zuerst sollen sie diesen Sieg genießen. THW-Geschäftsführer Uli Derad: Die Leistung von Mattias Andersson war wirklich überragend und der Hauptgrund für unsere Niederlage. Diese ist natürlich ganz bitter, wenn wir die Gesamtkonstellation sehen. Es gilt jetzt, sich von diesem Spiel zu erholen, und dann geht es am Samstag weiter in der Champions League. Dann schauen wir mal, wie weit wir noch kommen in dieser Saison. Quelle: http://www.toyota-handball-bundesliga.de

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