„Es darf endlich wieder losgehen“

- Unter SG Entzug, Teil 1

Benjamin Buric reckt die Meisterschale nach oben – leider nur auf einem Plakat. Vor der FLENS-ARENA ist nichts los. Die Ödnis dokumentiert die lange Zwangspause für die SG Flensburg-Handewitt. „Den Weg habe ich ohne Probleme gefunden“, schmunzelt Ingo Thomsen. „Nun darf es endlich wieder losgehen.“

Er ist – wie viele andere – auf SG Entzug. Am 4. März war das letzte Heimspiel gegen Melsungen, dann ging es noch nach Berlin. „Das sind schon komische Erinnerungen“, sagt der Vorsitzende der „Wikinger“, einer von vier Fan-Clubs. „Wir hatten uns im vollbesetzten Bus normal begrüßt und feierten einen Sieg in einer ausverkauften Halle“. Corona war nur Gesprächsthema, kurz darauf Alltag. Alles musste fortan abgesagt werden. Für die „Wikinger“ hieß das: keine Heimspiele, keine Auswärtstouren, kein Wochenende in Erlangen, kein Sommerfest und keine Teilnahme an einem Fan-Club-Turnier im Rahmen der Kieler Woche.

Der Wunsch nach Top-Handball
Das Wichtigste: Von den knapp 300 Mitgliedern sind alle wohlauf, soweit Ingo Thomsen das überblicken kann. Der Vorstand hatte eine Mail-Umfrage zur Dauerkarte initiiert. „Von 100 Antworten wollten über 80 nichts zurückhaben, andere wollten es sich überdenken“, berichtet der 51-Jährige. Der Tenor: Den Top-Handball der SG wollen die Fans auf Spitzenniveau bewahren. Sonst blieb den „Wikingern“ nur die Möglichkeit, ihren Lieblingsklub auf allen Kanälen zu folgen. Manch einer griff auch in die Nostalgiekiste. „Als das Champions-League-Finale von 2014 im Autokino gezeigt wurde, konnten wir nicht“, erzählt Ingo Thomsen. „Wir haben das Spiel dann zu Hause noch einmal angesehen. Es war eines der tollsten Erlebnisse mit der SG.“

Wie geht es weiter?
Er verfolgte den Werdegang der SG schon im letzten Jahrtausend, besitzt eine Dauerkarte seit 2001 – seitdem die „Hölle Nord“ auf dem Campus steht. Eines Tages reiste Ingo Thomsen mit den „Wikingern“ nach Magdeburg, 2007 wurde er Vorsitzender. Neben der Begeisterung für die SG lernte er im Fan-Club viele Freunde kennen – und sogar seine Frau. Anfang August will sich der Vorstand zusammensetzen und in die Planungen für die kommende Saison einsteigen. „Normaler Weise freut man sich auf die Auslosung für die Champions League, aber jetzt kann man irgendwie noch gar nichts damit anfangen“, sagt Ingo Thomsen. Unter normalen Vorzeichen würde es wie im Februar nach Norwegen oder erstmals nach Porto gehen. „Wir wissen aber noch nicht einmal, wie viele Zuschauer ab Oktober bei den SG Heimspielen dabei sein dürfen.“ Eine Stimmung wie am 4. März scheint weit weg. „Aber es darf gerne wieder losgehen“, lächelt Ingo Thomsen hoffnungsvoll. „Ein Alltag ohne die SG ist nur halb so schön.“