„Ich bin eher der emotionale Typ“

25.09.2019 15:13
Jubel nach gelungener Parade - Foto: C. Heilwagen
Keeper Denis Karic, in Kinderjahren als Flüchtling in Deutschland, kam im Sommer von RK Porec zum ThSV Eisenach

Mit Denis Karic gehört ein in Sarajevo geborener 28-jähriger Torhüter seit dem Sommer zum Zweitbundesligateam des ThSV Eisenach. Die Kriegswirren in der Heimat, die Angst um das eigene Leben, ließen seine Familie mit Vater, Mutter und Bruder nach Deutschland fliehen. Denis Karic verbrachte seine ersten sechs Jahre in Stuttgart, besuchte hier den Kindergarten und wurde eingeschult. Die Familie kehrte 1998 nach Kroatien zurück. Denis Karic belegte in der Schule stets das Fach Deutsch. Er hat ein deutsches Sprachdiplom in der Tasche. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er Sportmanagement und erwarb zudem das Diplom als Handballtrainer. Letztes nutzt der ThSV Eisenach, um Denis Karcic in Trainingseinheiten für den Nachwuchs einzubinden. Er selbst begann mit 10 Jahren bei HRK Kartovac mit dem Handball. Aus diesem Verein kommen auch die im Eisenacher Aufgebot stehenden Andrej Obranovic und Ivan Snajder. Zuletzt spielte Denis Karic bei RK Porec, mit dem er den 4. Platz der nationalen Meisterschaft belegte, in der Tabelle der Fangquote der Torhüter auf Platz 3 einkam. Seine Freundin arbeitet noch als Friseuse in Porec, beabsichtigt, Ende Oktober mit nach Eisenach zu kommen.

Wir sprachen mit dem 1,85 Meter großen und 90 Kilo auf die Waage bringenden Neuzugang des ThSV Eisenach wenige Tage vor dem Heimspiel der Wartburgstädter am Samstag, 28.09.2019 um 19.30 Uhr gegen Tabellenführer ASV Hamm-Westfalen.

Denis Karic, Sie haben mit 10 Jahren mit dem Handball im Verein begonnen, standen Sie gleich im Tor?

v Wie viele kleine Kinder habe ich zunächst Fußball gespielt, vom 4. bis zum 10. Lebensjahr, zumeist als Torhüter. Doch Fußball, und noch dazu im Tor, wo man oftmals nur wenige Ballkontakte hat, wurde mir zu langweilig. Ich wechselte zum Handball, an die 1. Handballschule Kroatiens. Ich wollte nicht ins Tor, doch da ich seinerzeit wohl etwas dicker war, stellte mich der Trainer ins Tor und ich überzeugte wohl auch mit meinen Leistungen.

Wie verlief Ihre bisherige Handball-Laufbahn?

Zwölf Jahre war ich bei HRK Kartovac, spielte schon mit 16 Jahren in der 1. Männermannschaft, die stets am Spielbetrieb der 1. Liga teilnahm, Ich spielte in der Junioren-Nationalmannschaft. Es folgte ein erfolgreiches Jahr mit dem RK Porec, neben dem 4. Platz auch die Qualifikation für den EHF-Cup. Meine guten Leistungen sprachen ich wohl herum, denn ich erhielt mehrere Angebote.

Es folgte dann ja auch der Wechsel nach Deutschland, zum ThSV Eisenach?

In Kroatien gibt es neben Zagreb höchstens noch drei Clubs mit gesundem wirtschaftlichem Fundament. Löhne werden ganz unpünktlich gezahlt. Profi-Handballer sind nicht sozialversichert. Ein ganz großes Manko bei Verletzung oder gar Krankheit! Gute Spieler wandern ab. Ich entschied mich für ein Angebot aus Eisenach, einem Verein der in der 2. deutschen Liga spielt, die inzwischen doppelt so stark wie die erste kroatische Liga ist. Sead Hasanefendic, der Eisenacher Trainer, bekundete schon im Winter Interesse an mir. Ich war auch zum Probetraining, doch Porec gab mich nicht frei. Im Sommer klappte es dann. Ich bevorzuge eine gute Atmosphäre mit menschlicher Wärme. Da ich Andrej Obranovic und Ivan Snajder kannte, fällt mir die Eingewöhnung leicht.

Was inspiriert Sie als Torhüter?

Wie heißt es so schön, ein Torhüter macht 50 Prozent aus. Auf ihn ruht ganz viel Verantwortung. Er kann zum Matchwinner werden, aber auch zum Buhmann. Ein Torwart steht stets unter Druck, muss physisch und psychisch stabil sein.

Spielen Sie lieber hinter einer defensiv oder hinter einer offensiv ausgerichteten Deckung?

In Kroatien kennt man als Torhüter keine Zusammenarbeit mit einem Block einer 6:0-Abwehr. Hier wird offensiv verteidigt, zumeist mit einer 3:2:1-Abwehr. Wahrscheinlich in Kroatien auch keine 6:0- Abwehr, weil es nur wenige hierfür nötige große Handballer gibt. In Deutschland spielen die Klubs der ersten und zweiten Liga zumeist mit einem 6:0-Abwehrsystem mit Block. Ich muss das erst noch lernen. Mit Block müsste es für einen Torhüter einfacher sein. Wenn es funktioniert, wenn die Abstimmung zwischen Deckung und Keeper funktioniert. Wir werden das fleißig trainieren.

Welche Ziele haben Sie für diese Saison im Blick, mit der Mannschaft und persönlich?

Das erste Ziel ist klar, der sichere Klassenerhalt. Da sollten wir auf jeden Fall schaffen. Doch als Sportler sollte man größere Ziele haben, ich glaube eine Platzierung zwischen 14 und 8 ist realistisch. Persönlich möchte ich stets mein Bestes geben, mit konstant guten Leistungen aufwarten, zu möglichst vielen Pluspunkten meinen Beitrag leisten. Ich fühle mich in der Mannschaft und in der Stadt sehr wohl. Ich bin ein kommunikativer Mensch, auch mit dem Publikum, fühle mich sehr gut aufgenommen. Wir haben vier unterschiedliche Torhüter-Typen im Aufgebot, was ich als Vorteil ansehe. Ich konzentriere mich nur auf meine Aufgabe beim ThSV Eisenach, blicke nicht über die Saison 2019/2020 hinaus.

Wie sehen Sie die 2. Handballbundesliga der Männer?

Soweit ich das schon einschätzen kann, eine sehr ausgeglichene Liga. Die ersten Spieltage haben es gezeigt, jeder kann jeden schlagen, zu Hause und auswärts. Wie es ausschaut, wird es führende Teams geben, aber nicht den Überflieger. Die Handballfans können sich auf eine spannende Saison freue. Mittendrin, der ThSV Eisenach!

Th. Levknecht

Quelle: PM ThSV Eisenach

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