Nach „dummen Fehlern selbst in den Hintern kneifen“

24.02.2020 10:42
Foto: Michael Elser
2. Handball-Bundesliga: VfL Lübeck-Schwartau – HSG Konstanz 20:17 (7:9) Mit viel Frust und großer Enttäuschung kehrte die HSG Konstanz am Sonntagmorgen von ihrer 1800-Kilometer-Dienstreise an der Ostsee zurück. In einem von zwei starken Defensivreihen und Torhütern bestimmten Spiel hatte die HSG nach 30 Minuten alle Trümpfe in der Hand (9:7), brachte sich aber wie schon einige Male in dieser Saison binnen Minuten um den Lohn und konnte sich bei der 17:20 (9:7)-Niederlage nicht für den hohen Aufwand und Einsatz belohnen. Am Samstag, 20 Uhr, kommt nun der Aufstiegskandidat und ehemalige Europapokalsieger TuSEM Essen an den Bodensee. Ohne Punkte ist alles nichts. Eine Weisheit, nicht besonders neu, die die Gefühlslage nach einem herben Rückschlag trotz großen Einsatzes prägnant zusammenfasst. Ein Stemmwurf in den Block, ein Fehlpass rückwärts direkt in die Hände des Gegners, ein Torabschluss ohne Not am Ziel vorbei und noch ein Pass direkt in den Lauf des Gegners innerhalb kürzester Zeit – und hinweg war alles, was sich die HSG Konstanz über knapp 50 Minuten mühsam erarbeitet und aufgebaut hatte. In einem defensiv auf höchstem Niveau geführten, hochintensiven Schlagabtausch war das gleich doppelt bitter. Hatte sich Lübeck-Schwartau im Positionsangriff gegen einen sehr beweglichen, aggressiven Abwehrriegel der HSG und einen prächtig aufgelegten Torwart Michael Haßferter – mit acht Paraden und 31 Prozent gehaltenen Würfen erfolgreich – extrem schwer getan und kaum eine Lücke gefunden, so waren die leichten Tore über den Tempogegenstoß nun ein gefundenes, dringend benötigtes Fressen für die Gastgeber. Plötzlich war die Halle wieder zu Leben erwacht und die Hansestädter wie berauscht. Für Konstanz ein Nackenschlag, von dem man sich trotz leidenschaftlichen Einsatzes und großen Kampfes nicht mehr erholte. Weil im Angriff – auf beiden Seiten – aufgrund der starken Abwehrreihen vieles Stückwerk blieb, weil wieder die alten Muster, die alte Hektik und unüberlegte Entscheidungen auftraten, weil erneut drei Siebenmeter nicht ihr Ziel fanden – und im Abschluss irgendwann Nerven und Selbstvertrauen gegen einen wie schon oft überragenden Dennis Klockmann fehlten. Der Ex-Keeper des THW Kiel brachte es auf satte 15 Paraden. 47 Prozent der Würfe auf sein Tor fing der Hüne ab. Allerdings mehrmals unterstützt durch unplatzierte Abschlüsse der Konstanzer. Cheftrainer Daniel Eblen war angesichts des Rückfalls enttäuscht. „Unser Ziel war, lange in Schlagdistanz zu bleiben. Die Jungs haben das zeitweise toll gelöst – und dann schaffen wir es immer wieder, in kurzen Phasen alles einzureißen. Das waren dumme Fehler.“ Dass beide Mannschaften unter Druck standen war dabei von Beginn an deutlich zu spüren. Es ging so viel über Einsatz, Abwehr und Leidenschaft. Die feine Klinge war auch nicht zu erwarten. Mit Bezug auf die kurzen, aber entscheidenden Schwächephasen seiner Mannschaft in der Abwehrschlacht meinte Eblen: „Dann wird es natürlich schwer. Zum Schluss haben wir es geschafft, den Gegner noch einmal in Hektik zu bringen – aber wir haben dann mit dem Ball genau das gleiche gemacht, anstatt die Zeit auszunutzen. Das ist ein bisschen symptomatisch.“ Zu Beginn sah es noch so gut aus für die weit gereisten und deutlich ersatzgeschwächten Gelb-Blauen. Fabian Schlaich, Felix Krüger, Felix Jager und Simon Tölke waren erst gar nicht einsetzbar. Paul Kaletsch wie so mancher andere Akteur noch schwer gezeichnet von der hart geführten Schlussphase aus dem Duell gegen Eisenach. Und doch waren sie es, die die Akzente setzten. Mit überraschenden, aber sehr erfolgreichen Varianten wie zwei Spielmachern und vor allem zwei Kreisläufern. Mit den beiden Kraftpaketen Fabian Wiederstein und Markus Dangers gelang es, die Vorteile am Kreis gegen die körperlich robuste Abwehr der Gastgeber zu nutzen. Joschua Braun besorgte nach 18 Minuten die erste Führung (5:4), Tom Wolf erhöhte auf 8:6. Als Dangers auf 9:7 nach dem ersten Durchhang erhöhte, war es still und die Gäste obenauf. Bis es in die letzte Viertelstunde ging und sich Lübeck die Vorlagen der Konstanzer nicht nehmen ließ und auf 17:14 stellte. Fortuna schlug sich in dieser Phase allerdings auch noch auf ihre Seite. Während Konstanz an Klockmann und Alu scheiterte, parierte auf der Gegenseite Haßferter im Verbund mit dem Gehäuse wieder stark – nur, um dann den Ball an den Rücken zu bekommen und von dort das Gegentor zu kassieren. Die Möglichkeiten zum Anschluss boten sich zwar noch mehrmals, doch nur der 17:19-Anschluss wollte mit einer 4:2- und 3:3-Deckung noch gelingen, ehe Tim Claasen kurz vor der Schlusssirene noch zum 20:17 traf. „Solche Sachen kann man nicht trainieren, weil diese Situationen ganz schwer zu generieren sind“, erklärte der HSG-Coach. „Da müssen wir draus lernen. Klockmann war überragend und hat uns den entsprechenden Zahn gezogen. Im Angriff hat in wichtigen Situationen die Ruhe gefehlt, im Torabschluss hat es gehapert.“ Die gute Deckungs- und Torwartleistung lobte der 45-Jährige hingegen zurecht, das Verhalten trotz anderer Absprachen nach der Pause und der Verlust der Führung war jedoch schwer zu verdauen. Mit Blick auf das nächste Heimspiel am Samstag, 20 Uhr, gegen Aufstiegsanwärter TuSEM Essen gab sich die HSG Konstanz jedoch schon auf der Rückfahrt trotzig und angriffslistig. „Das wird abgeschüttelt und das nächste Spiel angegangen. Köpfe werden nicht hängengelassen. Selbst in den eigenen Hintern kneifen und weiter geht’s. Alles andere macht keinen Sinn“, so Trainer Eblen. Das komplette Spiel im Re-live: www.hsgkonstanz.de/livestream HSG Konstanz: Maximilian Wolf, Michael Haßferter (8 Paraden) (beide Tor); Michel Stotz, Aron Czako,, Matthias Hild, Tom Wolf (6/2), Fabian Wiederstein (1), Markus Dangers (4), Paul Kaletsch, Fabian Maier-Hasselmann, Fynn Beckmann, Joschua Braun (3), Tim Jud (2), Tim Keupp, Samuel Wendel (1). Trainer: Daniel Eblen Zuschauer: 2064 in der Hansehalle Lübeck Schiedsrichter: Matthias und Sebastian Klinke Quelle: PM HSG Konstanz

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