Die MT Melsungen ist am Mittwoch in Lemgo mit einem Punktgewinn in die neue Saison der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga gestartet. Vor 1.809 Zuschauer*innen in der Phoenix Contact Arena waren die Nordhessen über fast die gesamten, kampfbetonten 60 Minuten das spielbestimmende Team. Damit hatte die MT gute Voraussetzungen geschaffen, am Ende als Sieger vom Feld zu gehen. Dennoch ist auch für den TBV Lemgo Lippe der einfache Punktgewinn nicht gänzlich unverdient. Nach dem 11:12 Halbzeitstand trennte man sich 26:26. Den stärksten Eindruck im MT-Team hinterließ Neuzugang Elvar Örn Jonsson – nicht nur wegen seiner fünf Treffer. Ebenso erfolgreich war Kapitän Kai Häfner. Auf Seiten der Lemgoer überzeugten Lukas Zerbe (7/1) und Torhüter Peter Johannesson mit 16 Paraden. Bereits am Samstag steigt für die MT Melsungen gegen den THW Kiel die Heimpremiere (20:30 Uhr, Rothenbach-Halle, Tickets im Vorverkauf).*
Ausgehend von den letzten Testspielen war die Anfangsaufstellung der MT keine Überraschung Trainer Gudmundur Gudmundsson schickte Yves Kunkel, Julius Kühn, Elvar Örn Jonsson, Arnar Freyr Arnarsson, Kai Häfner, Timo Kastening und Silvio Heinevetter auf die Platte. Nachdem Melsungen seinen ersten Vorstoß und Lemgo gar zwei Angriffe in Folge ungenutzt ließ, brachte Julius Kühn nach knapp drei Minuten den Knoten zum platzen.
Die Nordhessen agierten mit einer recht offensiv interpretierten 6:0-Abwehrvariante, meistens wurden die Lemgoer Angreifer an der 9-Meter-Linie oder noch weiter vor dem eigenen Tor erwartet. Womit die MT deren Angriffsbemühungen erfolgreich störte. Bis auf den zweikampfstarken Jonathan Carlsbogård fiel der Offensivabteilung der Lipperländer nämlich nur wenig ein. Auf der anderen Seite war Timo Kastening erfolgreich. Nach der 2:0-Führung der MT gelang dann auch den Hausherren der erste Treffer – eben durch Jonathan Carlsbogård.
Melsungen blieb in der Folge spielbestimmend, setze sich über 1:3 und 4:5 bis zur 23. Minute auf 4:7 ab. Zuvor hatte Silvio Heinevetter gegen Bobby Schagen pariert, Julius Kühn aus dem Rückraum getroffen und Timo Kastening nach einer Balleroberung durch Yves Kunkel einen Gegenstoß verwandelt. Die MT-Abwehr war weiterhin sehr wach und einsatzfreudig, Lemgo wirkte dagegen zeitweise sogar etwas hilflos.
Nachdem auf beiden Seiten die Torhüter jeweils kurz hintereinander gute Szenen hatten – Silvio Heinevetter hielt einen verdeckten Wurf von Andrej Kogut und Peter Johannesson entzauberte den frei vor ihm auftauchenden Yves Kunkel – nahm Lemgos Coach Florian Kehrmann nach ziemlich genau 15 Minuten das erste Timeout des Spiels. Anschließend beorderte er Neuzugang Lukas Hutecek für Andreij Kogut auf die Spielmacherposition. Und der Österreicher bedankte sich sogleich mit einem tollen Pass auf den ebenfalls frisch eingewechselten Kreisläufer Marcel Tim, der zum 5:7 verwandelte.
Auch Gudmundur Gudmundsson hatte die Unterbrecheung für einen Wechsel auf der Mitte genutzt und Elvar Örn Jonsson gegen Domagoj Pavlovic ausgetauscht. Die MT konnte damit das Tempo im Angriff hochhalten, es ergaben sich gute Gelegenheiten. Zum Beispiel gleich zweimal in Folge für Kai Häfner, der mit seinen Treffern zum 6:10 (23.) für die bis dato höchste Melsunger Führung sorgte.
Warum die Hausherren in den verbleibenden sieben Minuten bis zum Halbzeitpfiff das Spiel fast auf ihre Seite ziehen konnten, lag weniger an ihnen, sondern eher an der MT. Die führte zwar noch zweimal mit jeweils drei Toren nach Treffern von Domagoj Pavlovic (8:11, 25.) und Arnar Freyr Arnarsson (9:12, 28.) und obendrein entschärfte Silvio Heinevetter den frei geworfenen Ball von Bjarki Elisson, aber dann kam plötzlich Sand ins Getreibe des Melsunger Angriffs. Zwei Fehlwürfe von Kai Häfner und Timo Kastening nutzten die Lipperländer jeweils zu zwei Gegentoren (Gedeon Guardiola und Lukas Zerbe). Folglich ging es mit 11:12 in die Halbzeitpause.
Die dauert laut Reglement genau 15 Minuten. Nicht aber in diesem Fall: Aufgrund eines Stromausfalls in Lemgo mussten sich die Mannschaften mehr als eine halbe Stunde lang gedulden, ehe der zweite Durchgang angepfiffen werden konnte. Dazu war die MT in derselben Besetzung angetreten wie zu Beginn der Partie. Und auch das erste Tor dieses Spielabschnitts gehörte der MT, wiederum erzielt durch Julius Kühn. Zuvor hatte Bjarki Elisson, eigentlich ein souveräner Strafwurfschütze, den Ball von der Siebenmeterlinie glatt neben das Tor gesetzt.
Was fast zu erahnen war, nachdem sich Lemgo nicht richtig abschütteln ließ: Die Hausherren belohnten sich für ihren nimmermüden Einsatz und schafften nach 37 gespielten Minuten den 14:14-Ausgleich. Der eben noch glücklose Elisson steuere dazu zwei Treffer bei, danach erzwang Lukas Zerbe über Rechtsaußen den Gleichstand.
Die MT ließ sich davon aber nicht beirren. Alexander Petersson bedient lehrbuchmäßig seinen isländischen Landsmann Arnar Freyr Arnarsson am Kreis, der zum 14:15 trifft. Woraufhin Jonathan Carlsbogård postwendend wieder egalisiert. Der von Timo Kastening verworfene Siebenmeter – der Rechtsaußen scheiterte am immer stärker werdenden Peter Johannesson – fiel zum Glück nicht weiter in Gewicht. Denn zum einen machte es bei den beiden nächsten Strafwürfen sein Positionskollege Tobias Reichmann besser, zwischendurch traf Kai Häfner aus dem Spiel heraus. Die MT war beim 15:18 in der 42 Minute wieder obenauf. Lemgo stoppte den Vorwärtsdrang der Nordhessen per Timeout.
So schnell wie Melsungen Oberwasser gewonnen hatte, gelang dies aber auch Lemgo. Ebenfalls mit einem 3:0-Lauf zum 18:18 (45.). Dann war die MT wieder am Drücker. Der inzwischen für Silvio Heinevetter gekommene Nebojsa Simic rechtfertigte seine Einwechslung gleich mit zwei Paraden in kurzer Folge, eine beim Siebenmeter von Bobby Schagen, die nächste bei einem Wurf aus sechs Metern von Jonathan Carlsbogård.
Das Tor zum 18:21 in der 52. Minute durch Alexander Petersson, nach dessem feinen Eins-gegen-Eins auf der Halbrechten, war eigentlich die perfekte Plattform für die MT, um die näherrückende Crunchtime erfolgreiche zu gestalten. Zumal die eifrigen Lemgoer weiterhin in Schach gehalten werden konnten – indem die MT die richtigen Antworten fand. Ob in Person des unermüdlich für großen Druck aus dem Rückraum sorgenden Elvar Örn Jonsson oder durch einen lehrbuchmäßig herausgespieltes Tor durch Tobias Reichmann.
Doch es wurde in dieser Schlussphase wieder richtig eng. Angriffe, die die MT nicht verwertete, nutzte jeweils im Gegenzug Lemgo und erzielte immer wieder Anschlusstreffer oder gar Gleichstände – meist mit der Taktik “Sieben gegen Sechs”, die ihnen einige Male Überzahlsituation bescherte. Die Nordhessen bekamen das Heft des Handelns zwar immer wieder in die Hand und legten jeweils einen Treffer vor. Das gelang mit dem 23:24 durch Marino Maric (57.), dem 24:25 durch Elvar Örn Jonsson (58.) und auch noch einmal mit dem 25:26, erneut durch den stark auftrumpfenden Elvar Örn Jonsson.
Anschließend waren noch 32 Sekunden zu spielen, Lemgo nahm eine Auszeit, Florian Kehrmann sagte an, was zu tun sei – natürlich wieder mit der Variante “Sieben gegen Sechs”. Und das fruchtete. Denn Lukas Hutecek gelang drei Sekunden vor dem Ende der erneute Ausgleich. Ganz schnell war dann der Ball bei Kai Häfner an der Mittellinie, der direkt abzog und ins leere Tor traf. Was aber leider nicht zählte, da kurz zuvor Gudmundur Gudmundsson den Grünen Karton auf den Zeitnehmertisch gelegt hatte. Somit blieb es beim 26:26. Bereits im anschließende SKY-Interview war Gudmundur Gudmundsson deutlich anzumerken, wie sehr er sich selbst über seine Entscheidung ärgerte, dieses Timeout genommen zu haben.*
MT-Vorstand Axel Geerken:* “Ja, das ist ärgerlich. Aber man weiß ja meist erst hinterher, ob eine Entscheidung gut oder weniger gut war. Das ist ein sehr schmaler Grat und man kann richtig oder falsch liegen. Wenn der schnelle Wurf von Kai Häfner zum Beispiel nicht zu einem Tor geführt hätte, hätte man wahrscheinlich gefragt, warum nicht rechtzeitig eine Auszeit genommen wurde. Insofern kann man in solchen Fällen einem Trainer nie einen Vorwurf machen. Auch ist es ärgerlich, dass wir nicht beide Punkte mitgebracht haben, so wie es der Spielverlauf hätte hergegeben. Dennoch überwiegen die positiven Erkenntnisse aus diesem Spiel. Die Mannschaft hat gegenüber der letzten Saison ein anderes Gesicht gezeigt, ist als echtes Team aufgetreten und hat mit einer starken kämpferischen Einstellung in der Abwehr und hohem Tempo im Angriff schon viel von dem gezeigt, was wir uns in dieser Saison von ihr wünschen”.*
TBV Lemgo Lippe – MT Melsungen 26:26 (11:12)*
TBV: Johannesson (16 Paraden), Zecher (0 P.) – Hutecek 1, Elísson 4/1, Kogut, I. Guardiola 3, Simak, Carlsbogård 4, Schagen 1/1, Timm 2, Schwarzer, Zerbe 7/1, G. Guardiola 4, Reitemann, Blaauw – Trainer Florian Kehrmann.
MT: Heinevetter (5 P.), Simic (3 P.) – Maric 2, Kühn 4, Lemke, Reichmann 3/2, Kunkel, Jonsson 5, Arnarsson 3, Allendorf, Häfner 5, Petersson 1, Kastening 2, Pavlovic 1 – Trainer Gudmundur Gudmundsson.
Schiedsrichter: Frederic Linker (Recklinghausen) / Sascha Schmidt (Bochum)
Zeitstrafen: 4 Min. – 8 Min. (I. Guardiola, Carlsbogård – Lemke, Kunkel, Häfner, Petersson)
Strafwürfe: 3/6 – 2/3 (Elisson wirft neben das Tor, 25. Min; Elisson wirft neben das Tor, 33. Min.; Schagen scheitert an Simic – Kastening scheitert an Johannesson, 39. Min.
Zuschauer: 1.809, Phoenix Contact Arena Lemgo*
Das nächste Spiel: *Sa., 11.09.2021, 20:30 Uhr, MT Melsungen – THW Kiel, Rothenbach-Halle Kassel. Tickets sind noch im Vorverkauf erhältlich.
Quelle: PM MT Melsungen